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Metallverarbeitung im Spätneolithikum sowie der Frühen Bronzezeit im Norden

Von Dr. Mechtild Freudenberg

Ein Forschungsprojekt in Zusammenarbeit mit Dr. Leif Glaser, Hamburg.

Reiche Gräber der Glockenbecherkultur weisen gelegentlich einen steinernen Amboss und weitere Werkzeuge zur Metallverarbeitung auf. Die ehemaligen Besitzer gelten als weitgereiste Handwerker, die für die Verbreitung der Kenntnis der frühen Metallurgie in Europa verantwortlich waren. Auch aus Schleswig-Holstein sind einige dieser Werkzeuge bekannt. Im Jahr 2005 begann eine kulturhistorische Untersuchung der Steingeräte zur Metallbearbeitung in Schleswig-Holstein. Seitdem ist die Materialaufnahme des veröffentlichten Materials in Deutschland und in den Staaten Osteuropas sowie der britischen Inseln erfolgt. Daneben wurde in Zusammenarbeit mit dem Kollegen Erik Drenth das niederländische Material neu untersucht und veröffentlicht.

Ausgehend von zwei steinernen Ambossen aus der Wakenitz bei Groß Sarau, Kr. Herzogtum Lauenburg, wurde der Materialbestand des Archäologischen Landesmuseums nach weiteren Steingeräten zur Metallbearbeitung durchsucht. Es gelang, im Magazin eine Reihe von Hämmern aber auch anderen Ambossformen zu identifizieren, so dass das Spektrum der bisher bekannten Stücke deutlich erweitert werden konnte.

Eine wesentliche Rolle bei den Forschungsarbeiten spielt die Frage nach der Herstellung und Funktion der Werkzeuge. Zunächst richtete sich das Interesse auf Metallabrieb auf den Oberflächen, Beschädigungen und Hinweise auf Abnutzungen.

Andere Fragen, z.B. nach der Handhabung der Werkzeuge, ließen sich nur mit Hilfe von Experimenten klären. Mit einem Satz von Nachbauten erfolgten zunächst Versuche zum Schmieden von Edelmetall. Dabei wurden die Arbeitsspuren sowohl auf den Werkzeugen als auch auf den Werkstücken mit den Originalen verglichen. In einem weiteren Schritt kamen Experimente zum Gießen von Kupfer und Bronze hinzu. Welche Techniken wurden verwendet und wie lassen sie sich nachweisen? Welche Auswirkungen haben die Verwendung von Blasrohren im Vergleich zu einfachen Schlauchblasebälgen und welche Rolle spielt die Form des Herdes?

Einen Schwerpunkt bilden die Untersuchungen zur Herstellung des spätneolithischen Beiles von Ahneby, Kr. Schleswig-Flensburg. In Zusammenarbeit mit der Howaldtschen Metallgießerei in Kiel wurden in modernem Gussverfahren Nachbildungen hergestellt und Techniken der Oberflächenbearbeitung mit Steinhämmern, Feuersteinklingen und zur Verzierung mit Stein- und Bronzewerkzeugen getestet. Gleichzeitig sollten die Nachbildungen als Muster zum Vergleich mit dem Original dienen. Wie war das Original hergestellt worden? Hatte man die Oberfläche geschmiedet oder geschliffen? Waren die Verzierungen mitgegossen oder nachträglich eingetieft worden? Zur Beantwortung dieser Fragen konnten nur zerstörungsfreie Untersuchungsmethoden weiterhelfen.

Durch ein gemeinsam mit dem Physiker Dr. Leif Glaser vom Deutschen Elektronen Synchrotron (DESY) beantragtes Forschungsprojekt wurde im März 2010 eine Zusammenarbeit mit dem DESY in Hamburg gestartet, um Arbeitsspuren vor allem an spätneolithischen und bronzezeitlichen Beilen zu analysieren und sie mit denen der von uns im Rahmen des Projektes „Steingeräte zur Metallverarbeitung“ hergestellten Objekten zu vergleichen. Ein Ziel war auch, non-invasive Methoden zu finden, um zerstörungsfrei unterschiedliche Techniken im Prozess der Metallverarbeitung nachweisen zu können, u.a. verschiedene Gusstechniken, Schmieden, Walzen und Tempern. Für die Experimente stand eine Reihe von Synchrotron basierten Methoden zur Verfügung. Für die Strukturuntersuchungen wurden verschiedene Diffraktionsanalysen eingesetzt sowie Röntgenfluoreszenzanalysen um Informationen zur Oberflächenchemie zu erhalten. Das Projekt konzentriert sich derzeit auf die Publikation der Ergebnisse. In diesem Rahmen werden unter anderem archäologische Experimente zum Schmelzen von Legierungen in unterschiedlichen Gussöfen sowie ergänzende Untersuchungen an Vergleichsobjekten im DESY durchgeführt.

Die bisherigen Ergebnisse haben gezeigt, dass wir bei den meisten Fragestellungen auf zerstörungsfreie Analysen zurückgreifen können und auf das Bohren und Ansägen unsere Objekte verzichten sollten. Für den unversehrten Erhalt der Sammlungsbestände von Museen sind das wichtige Erkenntnisse.

Ausgewählte Literatur

Freudenberg, M., 2006. Cushion Stones and other Stone Tools for early Metalworking in Schleswig-Holstein. Some new Aspects on local Bronze Age Society., in: L. Astruc, F.B., V. Lea, P.-Y. Milcent, S. Philibert (Ed.), Normes techniques et pratiques sociales: de la simplicité des outillages pré- et protohistoriques, Antibes pp. 313-320.

Drenth, E., Freudenberg, M., Williams, G.L., 2016. The Belongings of a Bell Beaker Smith? A Stone Hoard from Hengelo, Province of Gelderland, the Netherlands, Musaica Archaeologica 1/2016, 37-58.

Drenth, E., Freudenberg, M., van Os, B., 2013. Prehistoric stone tools for metal-working from the Netherlands: an overview, in: Bartelheim, M., Peška, J., Turek, J. (Eds.), From Copper to Bronze. Cultural and Social Transformations at the Turn of the 3rd/2nd Millennia B.C. in Central Europe, Beier & Beran. Archäologische Fachliteratur, Langenweissbach pp. 41-51.

Freudenberg, M., 2009. Steingeräte zur Metallbearbeitung - Einige neue Aspekte zum spätneolithischen und frühbronzezeitlichen Metallhandwerk vor dem Hintergrund des schleswig-holsteinischen Fundmaterials, Archäologisches Korrespondenzblatt 39, 341-359.

Freudenberg, M., Glaser, L., 2016. Der Hortfund von Kappeln (Kr. Schleswig-Flensburg) oder: Wir sehen nur, was wir erwarten, in: Dietz, U.L., Jockenhövel, A. (Eds.), 50 Jahre „Prähistorische Bronzefunde“. Bilanz und Perspektiven. Beiträge zum internationalen Kolloquium vom 24. bis 26. September 2014 in Mainz, Franz Steiner Verlag, Stuttgart, pp. 193-206.

Freudenberg, M., Glaser, L., 2017. The axe from Ahneby – non-destructive view with X-rays inside the object, in: Eriksen, B.V., Abegg-Wigg, A., Bleile, R., Ickerodt, U. (Eds.), Interaktion ohne Grenzen. Beispiele archäologischer Forschungen am Beginn des 21. Jahrhunderts/Interaction without borders. Exemplary archaeological research at the beginning of the 21st century, Schleswig, pp. 103-110.

Glaser, L., Rothkirch, A., Techert, S., Freudenberg, M., 2016. A non-destructive view with X-rays into the strain state of bronze axes, Microchemical Journal 126, 322-325.

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