Wichtige Hinweise für Ihren Besuch

Die zentrale Zufahrt zur Museumsinsel wird instand gesetzt. Bitte informieren Sie sich HIER (LAGEPLAN) über die Umleitung. Anreise mit Bus und Bahn: Bushaltestelle Schleihallenbrücke zzgl. rund 15 Minuten Fußweg.

schliessen
Springe zum Hauptbereich
Alle Landesmuseen in Schleswig-HolsteinAlle Landesmuseen in SH
  • Die dänische Forscherin Dr. Bente Philippsen bei wissenschaftlichen Kochexperimenten
  • Wissenschaftliche Kochexperimente

Über wissenschaftliche Kochexperimente und die Faszination angebrannter Milch

Es passiert den Besten. Irgendetwas lenkt einen beim Kochen ab – und schon brennt das Essen an. Das ist ärgerlich und stinken tut es obendrein. Für die Physikerin und Archäologin Dr. Bente Philippsen jedoch, die am dänischen Nationalmuseum in Aarhus forscht, ist so etwas geradezu ein Glücksfall. Mit modernen Labormethoden untersucht sie meist verkohlte Nahrungsreste, die noch heute an Keramikgefäßen und Scherben aus der Steinzeit haften. Im Interview berichtet sie über ihre Arbeit, die Ergebnisse, Kochexperimente mit dem Museum für Archäologie und die Laktoseintoleranz unserer Vorfahren.

Frau Philippsen, Sie beschäftigen sich mit Jahrtausende alten verkohlten Essensresten. Was ist daran so spannend?
Ist Ihnen schon mal Milchreis angebrannt? Der setzt sich so hartnäckig am Topf fest, dass er sich selbst mit einem Schwamm nur schwer lösen lässt. Das Gute daran ist jedoch: Je stärker das Essen verbrannt ist, desto länger hält es sich. Im Idealfall sogar über Jahrtausende im Boden. Heute können wir daraus viele Erkenntnisse über das Leben der Menschen damals ziehen.

Was genau untersuchen Sie?
Es ist so: In der Steinzeit haben die Menschen den ersten Kochtopf entwickelt - der aus Ton bestand. Die ältesten Keramiken, die man in Schleswig-Holstein gefunden hat, stammen aus der Mittelsteinzeit, dem Mesolithikum (Anm. der Redaktion: 9600 - 4100 v. Chr.). Mit unseren modernen Labormethoden können wir feststellen, wie alt so ein Ton-Kochtopf ist, wie er verwendet wurde und welche Nahrungsmittel darin zubereitet wurden.

Aber das sind keine richtig erkennbaren Essenreste mehr, oder?
Nein, es sind minimale Rückstände von Speisekrusten, die sich auf der Scherbenoberfläche befinden. Oder auch Fette und andere Nährstoffe, die sich im porösen Ton festgesetzt haben.

Und die analysieren Sie im Labor?
Richtig. Archäologen nutzen recht häufig die so genannte Radiocarbon-Methode, um das Alter von Funden zu bestimmen. Sie müssen sich das so vorstellen: In der Atmosphäre entsteht laufend der Kohlenstoff 14C, den jedes Lebewesen und auch Pflanzen in einer bestimmten Menge aufnehmen. Stirbt ein Organismus, wird dieser Kohlenstoff gleichmäßig abgebaut. Aus dem verbleibenden Rest lässt sich bestimmen, wie alt ein Fundstück ist. Heute wissen wir allerdings, dass die 14C-Methode allein nicht genügend Sicherheit mit Blick auf die Ergebnisse gibt, daher sind eine Reihe weiterer naturwissenschaftlicher Untersuchungen notwendig - auch um mehr darüber zu erfahren, was im Topf war. 

Ich habe gehört, dass Sie auch Kochexperimente gemacht haben, um Ihre Ergebnisse zu überprüfen...
Ja, das stimmt. Ich habe 2007, 2008 und 2012 mit Kollegen aus Ihrem Museum für Archäologie so gekocht, wie es auch die Menschen in der Steinzeit getan hätten. Dazu haben wir zunächst Tongefäße gebrannt, wie wir sie aus jener Zeit kennen. Anschließend haben wir darin über offenem Feuer verschiedene Nahrungsmittel wie Fisch, Wildschwein, Gemüse, Getreide oder Milch gekocht - und anbrennen lassen. Wir haben zum Beispiel gelernt, dass Art und Dicke der Krusten von den Zutaten abhängig sind. Dass stärkehaltige Bestandteile und Milch diese begünstigen, während mageres Fleisch und Gemüse kaum Krusten verursachen.

Und welche Erkenntnisse haben Sie über die Ernährungsgewohnheiten der Steinzeitmenschen gewonnen?
Zum Beispiel konnten wir in Toepfen, die aus dem 5. Jahrtausend v. Chr. aus Neustadt in Holstein stammen, Fettsäuren von Meerestieren und wild lebenden Tieren nachweisen. Das passt zu unseren bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Mittelsteinzeit, in der die Menschen von der Jagd, vom Fischfang und vom Sammeln essbarer Pflanzen lebten. Erst in der Jungsteinzeit rückten dann Ackerbau und Viehzucht in den Mittelpunkt.

Da könnte dann auch angebrannte Milch schon eine Rolle gespielt haben, oder?Milch hat in der Jungsteinzeit in der Tat eine Rolle gespielt. In unserem aktuellen Forschungsprojekt - für das ich übrigens unter anderem auch wieder Funde Ihres Museums nutze - gehen wir zum Beispiel der Frage nach, wann die ersten Kühe gemolken wurden. Wann die ersten Milchprodukte hergestellt wurden. Also ganz simpel formuliert: Wurde zunächst nur das Fleisch des Viehs genutzt? Wann hat man gelernt, zu melken? Wir wissen bereits, dass die Steinzeitbevölkerung Schleswig-Holsteins Laktose-intolerant war, so dass wahrscheinlich recht schnell leichter verdauliche oder Laktose-freie Produkte wie Joghurt oder Käse hergestellt wurden.

Landesmuseen Schleswig-Holstein
schliessen
Nach oben scrollen