Eisenzeit
Ab dem 6. Jahrhundert v. Chr. beginnt man Eisen im Norden als Werkstoff zu nutzen. Im 1. Jahrhundert v. Chr. erobern römische Truppen und germanische Stämme keltisches Gebiet und stoßen an Rhein und Donau aufeinander. In der Folge entsteht ein Austausch von Informationen und Sachgütern. Namen und Taten der Bevölkerung des Nordens werden im Römischen Reich bekannt und aufgezeichnet. Die Germanen treten in das Licht römischer Geschichtsschreibung.
Zahlreiche Gräber, mehrere Moorleichen sowie reiche Schatz- und Opferfunde aus der Zeit bis in das 4. Jahrhundert n. Chr. bieten in Verbindung mit begleitenden römischen Schriftzeugnissen eine für Schleswig-Holsteins Ur- und Frühgeschichte einmalige Quellenbasis.
Menschen der Eisenzeit – Moorleichen
Zu den eindrucksvollsten Exponaten im Museum für Archäologie Schloss Gottorf gehören die Moorleichen. Die bis zu 2500 Jahre alten, mumifizierten Leichname sind dank der konservatorischen Wirkung von Mooren außerordentlich gut erhalten. Sie geben unter anderem Einblicke in die Lebensumstände der Verstorbenen, Informationen über ihr Aussehen und über individuelle Schicksale.
Besonders das sogenannte Kind von Windeby beleuchtet auf faszinierende Weise das Leben der Menschen in der Eisenzeit. DNA-Analysen und anthropologische Bestimmungen haben ergeben, dass das Kind 15 bis 16 Jahre alt wurde, Hunger zu erleiden hatte und wohl an einer schweren Zahnerkrankung gestorben ist.
Die Todesumstände der Moorleichen sind vielfältig, sie reichen von natürlichem bis gewaltsamen Tod. Auch ihre Deponierung in den Mooren kann unterschiedliche Ursachen haben: Waren die Menschen Leidtragende eines Verbrechens und wurden ihre Leichen im Moor beseitigt? Wurden sie vielleicht auch Göttern geopfert oder zur Strafe dem Moor übergeben? Oder handelt es sich um Bestattungen?
Neben den Moorleichen lässt sich mit Hilfe anthropologischer Untersuchungen eines sogenannten Leichenbrandes – also den Überresten von Toten nach einer Brandbestattung – etwas über Geschlecht und Alter der Bestatteten erfahren sowie gelegentlich auch über Krankheiten oder Verletzungen. Die zahlreichen Graburnen und die in ihnen neben dem Leichenbrand gefundenen Gegenstände wie metallene Fibeln und Gürtelteile, Waffen, Arm- und Fingerringe sowie Glasperlen sind typisch für die Trachtausstattung und geben Hinweise auf Geschlecht und soziale Stellung.
Nydam und Thorsberg. Opferplätze der Eisenzeit
Im 3. und 4. Jahrhundert n. Chr. kam es im westlichen Ostseegebiet zu erbitterten Kämpfen. Waffen und Ausrüstung der Unterlegenen wurden von den Siegern in heiligen Seen und Mooren geopfert, als Dank an eine hilfreiche Gottheit. Zwei dieser Opferstätten genießen heute Weltruf: die Moore von Nydam im südlichen Dänemark und von Thorsberg im nördlichen Schleswig-Holstein. Sie wurden um die Mitte des 19. Jahrhunderts von dem dänischen Archäologen Conrad Engelhardt ausgegraben.
Die Funde von diesen beiden Kriegsbeuteopferplätzen umfassen neben Trachtelementen, Waffen, Reitzubehör und Dingen des täglichen Gebrauchs auch Standesabzeichen der Heerführer. Dazu gehören goldener Ringschmuck und prachtvolle Gürtelgarnituren. Insbesondere die vergoldeten, figürlich verzierten Zierscheiben und die Gesichtsmaske eines germanischen Helmes aus Gold und Silber sind überregional bekannte und berühmte Funde. Neben den kostbaren Materialien zeichnen sie sich durch ihr einzigartiges künstlerisches und handwerkliches Niveau aus und gehören zu den eindrucksvollsten Belegen germanischer Kunst.
Das Nydamboot. Versenkt – entdeckt – erforscht
Das berühmte Nydamboot aus der Zeit der Germanen steht sowohl thematisch als auch gestalterisch im Mittelpunkt der Nydamhalle auf Schloss Gottorf. Es ist nicht nur eines der größten Exponate des Museums für Archäologie Schloss Gottorf, sondern zugleich auch eines, das von besonderer Ästhetik und außerordentlich gut erhalten ist – und daher auch für die Wissenschaft von großer Bedeutung.
Die Entdeckung des 23 Meter langen Schiffes aus Eichenholz im Nydam-Moor bei Sønderborg (Dänemark) durch den Lehrer und Archäologen Conrad Engelhardt am 17. August 1863 war eine Sensation für die Archäologie in Nordeuropa: Erstmals war es möglich, ein vorgeschichtliches hochseetaugliches Schiff zu bergen und zu untersuchen, das mehr als 1500 Jahre vorher in einem See niedergelegt wurde. Dann jedoch bricht der Deutsch-Dänische Krieg aus. Für das Nydamboot beginnt eine lang andauernde Odyssee, bis es schließlich im Frühjahr 1947 auf der Schleswiger Museumsinsel seinen heutigen Platz findet.
Besucher können in dieser einzigartigen, für sich stehenden Ausstellung, nicht nur das 320 n. Chr. erbaute Nydamboot bestaunen, sie erfahren auch alles über seine Bedeutung und faszinierende Geschichte, die Bergung weiterer Schiffsteile aus dem Nydam-Moor – bis heute kennen wir insgesamt drei Schiffe von der Fundstelle –, zur eisenzeitlichen Schiffsbautechnik und die Ausstattung mit Schiffsausrüstungsgegenständen sowie zu Aspekten der Seeschifffahrt in den ersten Jahrhunderten n. Chr. Die Rezeptionsgeschichte des Nydambootes und seine Rolle in dem wechselvollen Verhältnis zwischen Deutschland und Dänemark seit 1863/1864 ist ebenso ein wichtiger Teil der Ausstellung und wird in Form von Zeitdokumenten und Schiffsmodellen illustriert.