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  • Dr. Sönke Hartz begutachtet ein Fundstück.
  • Ein Ehepaar aus Kiel findet im Sommer 2016 auf der Hallig Nordstrandischmoor beim Spazierengehen ein 10.000 Jahre altes Geweihbeil in einer Holzfassung. Einen vergleichbaren Fund gibt es bisher nicht in Schleswig-Holstein.
  • Aus dem Nachlass eines bekannten Archäologen aus Ahrensburg hat das Museum für Archäologie Schloss Gottorf eine private Sammlung geschenkt bekommen und darin den bislang ältesten bekannten hölzernen Pfeilschaft entdeckt.

„Zufallsfunde sind für uns von unschätzbarem Wert“

Spektakuläre archäologische Funde sind selten. Nicht alle kommen im Rahmen von wissenschaftlichen Grabungen zutage. Immer wieder finden Menschen in Schleswig-Holstein beim Spazierengehen, der Garten- oder Feldarbeit interessante Relikte - insbesondere aus der Steinzeit.
Für den Wissenschaftler Dr. Sönke Hartz vom Museum für Archäologie Schloss Gottorf sind sie von großem Wert. Seit zehn Jahren nimmt er solche Stücke unter die Lupe – darunter Steinsammlungen, Knochen- und Geweihwerkzeuge und Exponate, die weit über die Landesgrenzen hinaus für Aufsehen sorgen.

Herr Dr. Hartz, Sie sind Steinzeitexperte, beschäftigen sich intensiv mit Zufallsfunden, pflegen regen Austausch zu Hobby-Sammlern. Eine spannende Aufgabe…
Ja, das ist es in der Tat. Mit jedem neuen Fund und Fundort, von dem wir erfahren, wird unser Wissen über vergangene Zeiten größer. Als Archäologen können wir einfach nicht überall sein, Flächen absuchen, graben. Deshalb ist der Austausch mit Menschen, die zufällig etwas finden, von unschätzbarem Wert.

Einige haben daraus inzwischen schon ein Hobby gemacht, richtig?
Ja, das stimmt. Ich habe regelmäßig Kontakt zu etwa 100 aktiven Sammlern. Privatsammlungen gibt es weit mehr. Ich weiß von etwa 800 in ganz Schleswig-Holstein. Die großen bestehen aus Funden der 50er, 60er Jahre. Damals sind viele Landwirte, Lehrer und andere Geschichtsinteressierte sehr aktiv gewesen und häufig fündig geworden. Heute sind die Chancen nicht mehr ganz so groß.

Muss ich als Finder gesetzliche Bestimmungen beachten?
Glaubt man ein archäologisches Fundstück in Händen zu halten, so muss man das der Oberen Denkmalschutzbehörde melden. Das ist das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein in Schleswig. All meine musealen Aktivitäten finden in Absprache mit dem Denkmalamt statt. Daher kann man sich grundsätzlich auch an mich wenden. Erfahre ich von einem neuen Fund, mache ich ein Foto und verfasse einen kurzen Bericht. Darin steht unter anderem, wer den Fund wo gemacht hat und um was es sich dabei handelt. Das Ganze geht dann ans Landesamt, das die Informationen in den Archäologischen Atlas einträgt.

Dann muss man seine Funde nicht grundsätzlich an die Behörde abgeben?
Abgeben nicht, aber grundsätzlich melden, so regelt es das Denkmalschutzgesetz. Die Frage nach dem weiteren Besitz ist bei einem Zufallsfund aber leider nicht so leicht zu beantworten. Da spielen sehr viele Faktoren eine Rolle. Das fängt schon damit an, auf wessen Grund man ein Exponat findet. Dem Archäologischen Landesamt geht u.a. darum, welche Bedeutung ein Fundstück hat und ob es sicher aufbewahrt werden kann. Auch sollte sichergestellt sein, dass der Fund so gelagert werden kann, dass er erhalten bleibt. Holz, zum Beispiel, dass nass aus dem Erdreich geholt wird, zerfällt sehr schnell, wenn es trocknet. Experten hingegen können es konservieren.

Viele Sammler dürfen ihre Funde also behalten?
Das könnten sie. Zumal viele Menschen einfache Flintabschläge oder Fragmente von Steinwerkzeugen finden. Allerdings ist es für viele gar nicht das Wichtigste, den Fund zu behalten. Es kommt sogar immer wieder vor, dass das Museum ganze Sammlungen geschenkt bekommt. Die, die sich an mich wenden, sind sehr daran interessiert, um was es sich handelt und wie alt es ist. Sie wollen wissen, was sie da gefunden haben. Wollen etwas dazu lernen.

Sie nehmen ja nun schon seit zehn Jahren solche Fundstücke unter die Lupe. Waren auch spektakuläre Funde darunter?
Ja, in der Tat. Ich erinnere mich noch gut an ein Ehepaar aus Kiel-Schilksee. Es machte im Sommer 2016 Urlaub auf der Hallig Nordstrandischmoor und fand beim Spazierengehen ein gut 30 cm langes hölzernes Objekt mit ihnen völlig unbekanntem Aussehen. Sie lagerten es, versuchten es vor dem Austrocknen zu bewahren. Gleichzeitig suchten sie Kontakt zu Experten und wandten sich schließlich auch an das Nordseemuseum. Von dort erhielt ich ein Foto – und bin sofort nach Husum gefahren. Es war ein 10.000 Jahre altes Geweihbeil in einer Holzfassung. Einen vergleichbaren Fund gibt es bis heute nicht in Schleswig-Holstein.

Ist das ein Einzelfall?
Nein, aber ein sehr seltener Fall. Aber es gibt noch einen wirklich großartigen Fund. Wir haben vor einigen Jahren aus einem Nachlass eines bekannten Archäologen aus Ahrensburg eine private Sammlung geschenkt bekommen und darin den bislang ältesten bekannten hölzernen Pfeilschaft entdeckt. Dieser rückt in diesem Jahr in den Mittelpunkt der Archäologie-Ausstellung „Funde der späteiszeitlichen Rentierjäger im Ahrensburger Tunneltal“, die im September 2020 in Ahrensburg stattfindet.

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